Prävention sexualisierter Gewalt
Wir implementieren im Moment ein Konzept zur Prävention sexualisierter Gewalt. In einem ersten Schritt führen wir eine Erhebung bei unseren Mitgliedern, Trainerinnen und Trainern, Spielerinnen und Spielern.
Fragebögen unserer aktuellen Befragung
Übersicht zu Prävention sexualisierter Gewalt
Das Thema Kinderschutz ist komplex und kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden. Dafür sind in gewissem Maße theoretische Grundlagen notwendig, um die Komplexität des Themas erfassen zu können. Im Folgenden sollen die wichtigsten Begriffe definiert und erläutert werden.
1 Kinderrechte
Kinder haben besondere Bedürfnisse in Bezug auf ihre Förderung, ihren Schutz, ihre Mitbestimmung und ihre Entwicklung. Darum hat die UNO vor mehr als 25 Jahren die UN-Konvention über die Rechte des Kindes verabschiedet. Deutschland war eines der ersten Länder, dass vor 30 Jahren die Kinderrechtscharta anerkannt und zu geltendem Recht gemacht hat (Kinderrechte.de).
Die Kinderrechtskonvention enthält 54 Artikel, die sich durch Zuordnung in 10 Gruppen untergliedern lassen: Gleichheit, Gesundheit, Bildung, Spiel und Freizeit, freie Meinungsäußerung und Beteiligung, Schutz vor Gewalt, Schutz im Krieg und auf der Flucht, Schutz der Privatsphäre und der Würde, elterliche Fürsorge sowie Besondere Fürsorge und Förderung bei Behinderung, Zugang zu Medien.
Die vier Leitprinzipien sind dabei:
- Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung: das Recht auf Gleichbehandlung aller Kinder (Artikel 2).
- Vorrangigkeit des Kindeswohls: das Recht, bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen das Wohl des Kindes in den Vordergrund zu stellen (Artikel 3).
- Sicherung von Entwicklungschancen: das Recht auf bestmögliche Entwicklungschancen (Artikel 5 und 6).
- Berücksichtigung des Kindeswillens: das Recht auf freie Meinungsäußerung und Berücksichtigung des Kindeswillens (Artikel 12).
2 Sexualisierte Gewalt
„Sexueller Missbrauch oder sexuelle Gewalt an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Der Täter oder die Täterin nutzt dabei seine*ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.“ (Definition des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs [UBSKM], 2019a).
Sexualisierte Gewalt ist also ein Überbegriff für verschiedene Formen der Machtausübung mit dem Mittel der Sexualität (Safe Sport S. 13-14; Rulofs 2015). Folgende Handlungen gelten als sexualisierte Gewalt:
- Sexuelle Handlungen ohne Körperkontakt (verbal, gestisch, Textnachrichten)
- Sexuelle Übergriffe mit Körperkontakt (Berührungen im Intimbereich, Vergewaltigung)
- Grenzverletzungen – absichtlich oder unabsichtlich, individuell und subjektiv (Hilfestellungen beim Sport, Umarmung zur Begrüßung) (Jud)
3 Rechtsgrundlage
Bestimmte Formen sexualisierter Gewalt sind auch strafrechtlich relevant (siehe 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches: Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung). Gesetzliche Regelungen zu diesem Bereich zielen darauf ab, die Gesamtentwicklung von Kindern und Jugendlichen von sexuellen Erlebnissen freizuhalten, um ihnen die Möglichkeit zu bewahren, ihre sexuelle Identität eigenständig und frei zu entwickeln. (Safe Sport S. 17)
Im Strafgesetzbuch sind die Tatbestände unter §§ 174 StGB-184g und § 201a StGB aufgeführt. Die Paragraphen beinhalten sexuellen Missbrauch, schweren sexuellen Missbrauch, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Förderung sexueller Handlungen, sexueller Missbrauch, exhibitionistische Handlungen, sexuelle Belästigung sowie Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften. Daneben gibt es auch eine Strafbarkeit durch Unterlassen, wenn im Verein Übergriffe bekannt werden und durch den Vorstand keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden. (Safe Sport S. 17)
Die Grundlage der Straftatbestände nach StGB bildet das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Tätern und Opfern. Mehrere Gerichte haben entschieden, dass zwischen Trainer und Spielern ein solches Abhängigkeitsverhältnis vorliegen kann. (Safe Sport S. 18)
Als wichtige Ergebnisse aus den aufgeführten Strafrechtsnormen können die folgenden Punkte festgehalten werden (Safe Sport S. 18; Hoven 2018) :
- bis 14 Jahre sind sexuelle Handlungen stets strafbar
- 14-15 Jahre strafbar, wenn Abhängigkeitsverhältnis besteht
- 16-17 Jahre strafbar, wenn Abhängigkeitsverhältnis missbraucht wird
- ab 18 Jahre strafbar, wenn es gegen den Willen des Opfers geschieht
4 Prävention
Zur Prävention zählen alle Maßnahmen, die dabei helfen, sexualisierte Gewalt zu vermeiden. Die Entwicklung eines vereinseigenen Schutzkonzepts ist eine zentrale Voraussetzung dafür, den Schutz der Sportler*innen vor sexualisierten Übergriffen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen durch das Schutzkonzept falsche Vorwürfe aufgefangen werden. Es schafft somit Sicherheit für alle Beteiligten. Ein solches Konzept besteht aus mehreren, miteinander verknüpften Bausteinen, die als Gesamtkonzept zu verstehen sind. Jeder einzelne Baustein kann den Schutz vor sexualisierter Gewalt erhöhen (Safe Sport S. 33-34).
Quellen und Literatur
Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund e.V. (2016). Safe Sport – Ein Handlungsleitfaden zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Grenzverletzungen, sexualisierter Belästigung und Gewalt im Sport. Frankfurt am Main.
Rulofs, B. (2015). Sexualisierte Gewalt. In N. Neuber, T. Rauschenbach, H. P. Brandl-Bredenbeck,
J. Süßenbach, C. Breuer, & W. Schmidt (Hrsg.), Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht (S. 370-392). Schorndorf: Hofmann-Verlag.
Hoven, E. (2018). Sexualstrafrecht und Sport. Zugriff am 15.01.2018 unter https://www.dsj.de/fileadmin/user_upload/Handlungsfelder/Praevention_Intervention/sexualisierte_Gewalt/Hoven_Sexualstrafrecht_und_ Sport_17052018.pdf